— 305 —
f) Schutzgebiet der Marschall-Inseln.
Die Marschall-Inseln (s. §. 195), sämtlich niedrige, schwach bewachsene Korallen-
eilande, tragen eine Vegetation von Kokospalmen, Ölbäumen, Brotfruchtbäumen, Pandanns
und Gras. Die Tierwelt umfaßt nur Ratten und Mäuse, Hühner, wilde Tauben und
einige andere Vogelarten nebst wenigen Insekten. Die Bewohner sind friedliche Polynesien
kühne Seefahrer, deren Nahrung hauptsächlich aus Fischen und Kokosnüssen besteht. Der
von der Jaluit-Gefellschast vermittelte Haudel bewirkt den Austausch europäischer Waren
gegen Kopra. Der Sitz des kaiserlichen Kommissars ist die Insel Jabwor in der Lagune
von Jaluit im 8. der Gruppe.
Politische und wirtschaftliche Geographie.
A. Staatliche Einrichtungen.
Entstehung und Einrichtung des Staates.
G 254. Die natürliche Hilflosigkeit des einzelnen Menschen führt ihn
zur Vereinigung mit seinesgleichen. Die ursprünglichste menschliche Vereinigung
ist die aus Eltern und Kindern bestehende Familie, an deren Spitze der
Familienälteste oder Patriarch steht. — Wenn sich mehrere Familien zum
Schutz gegeu Feiude oder zu gemeinsamem Erwerb zusammenschließen, so bilden
sie eine Horde oder (bei größerer Mitgliederzahl) einen Stamm, an dessen
Spitze gewöhnlich ein besonders reicher oder angesehener Patriarch als Hünpt-
ling steht. In Horden leben z. B. noch die afrikanischen Zwergvölker, die
Wilden Australiens, die Weddas auf Ceylon, die Feuerländer. Horden
führen gewöhnlich ein nomadenhaftes Fischer- oder Jägerleben. — Wenn
mehrere Horden oder Stänime sich vereinigen, seßhaft werden und sich dem
Ackerbau oder der Viehzucht zuwenden, fo bilden sie einen Staat, dessen
Mitglieder anfangs gewöhnlich gleiche Abstammung und Sprache, gleiche
Sitten und denselben Glanben besitzen. Die gemeinsamen Angelegenheiten
eines ansässigen Staates werden ursprünglich durch alle Häuptlinge geordnet. —
Gelangt einer unter ihnen zu hervorragendem Ansehen und zu bedeutender
Macht, so entwickelt sich der Staat zur Monarchie oder Einzelherrschaft, die
je nach der größeren oder geringeren Straffheit des Regiments eine despotische
oder eine patriarchalische Monarchie sein kann. Wenn nach dem Tode des
Monarchen (Alleinherrschers) ein Nachfolger gewählt wird, so ist die Monarchie
eine Wahlmonarchie; folgt ihm ein Sohn oder ein anderer Verwandter,
fo nennt man den Staat eine Erbmonarchie. Gieb einige Titel an,
welche die Monarchen in Europa, iu Asien, in Afrika führen! —
Brust und Berdrow, Lehrbuch der Geographie. 20
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun]]
— 307 —
Die Verfassung des Königreichs Preußen.
§ 255. Das Königreich Preußen hat im Jahre 1850 eine Verfassung
erhalten, deren wichtigste Bestimmungen in den Verfassungen der übrigen
Bundesstaaten wiederkehren, und welche deshalb als Beispiel für alle gelten
fcmrt.*) Danach besitzt der Herrscher persönliche Ehrenrechte, die ihm als
Vertreter der Hoheit und Würde des Staates zukommen, und verfaffnngs-
mäßige Rechte.
Die persönlichen Ehrenrechte des Herrschers sind:
a) Unverantwortlichkeit für alle Regierungshandlungen,
d) Unverletzlichkeit der Person,
c) besonderer Rang und Titel,
ä) Anspruch auf eine Krondotation oder Eknlliste.**)
Die verfassungsmäßigen Rechte des Herrschers (der Krone) sind:
a) Verkündigung und Ausführung der Gesetze und Erlaß der dazu
nötigen Verordnungen,
b) Oberbefehl über das Heer,
c) das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließeu,
ä) Besetzung der Offizier- und Beamtenstellen,
e) Berufung und Entlassung der Volksvertretung zu den gesetzlichen
Fristen, Auflösung und Anordnung einer Neuwahl derselben,
f) Recht der Gnade und Aufhebung oder Verkürzuug von Strafen.
§ 256» Dem Könige steht das Staatsministerium zur Seite, welches
für die Regierungshaudlungen des Herrschers verantwortlich ist und zum
Zeichen dessen jeden königlichen Erlaß unterschreibt, entweder in seiner Gesamt-
heit oder der Minister, ans dessen Fach (Ressort) sich der Erlaß bezieht.
Das preußische Staatsministerium umfaßt folgende 9 Abteilungen, an
deren Spitze je ein Minister steht:
1. Das Ministerium des Innern, welches die ganze innere Landes-
Verwaltung ordnet, und dem die Leiter der einzelnen Provinzen, Regierungsbezirke
und Kreise (Oberpräsident, Regierungspräsident, Landrat) untergeordnet siud.
2. Das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalange-
legenheiten (Kultusministerium).
*) Von den 25 Bundesstaaten sind 20 konstitutionelle Erbmonarchien, 3 Republiken
und 2 durch Feudalstände (d. h. Grundbesitzer mit Ausschluß der Bauernschaft) beschränkte
erbliche Monarchien (die beiden Mecklenburg).
**) Eiu bei der Thronbesteigung des Herrschers festgesetztes Jahresgehalt aus der Staats-
kasse, welches an Stelle der früher dem Herrscher gehörenden, jetzt in Staatsbesitz über-
gegangenen königlichen Güter (Domänen) getreten ist.
20*
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
— 142 —
das Großsultanat Türkei*) (Kaiserreich, despotische Monarchie, über 7;ä
der Halbinsel umfassend),
das Königreich Griechenland, konstitutionelle Monarchie,
das Königreich Serbien, konstitutionelle Monarchie,
das Fürstentum Bulgarien mit Ostrnmelien, dem Namen nach tür-
kischer Vasallenstaat, in Wirklichkeit konstitutionelle Monarchie unter türkischer
Oberhoheit,
das Fürstentum Montenegro, unbeschränkte Monarchie.
Städte im illyrischen Faltenlande:
1. Nikschitsch, Hauptstadt Montenegros; Residenz Cetinje.
2. Janina, türkische Handelsstadt mit Fabriken für Goldstoffe, Seiden-
zeuge und Maroquin.
Hafen- und Handelsstädte des griechischen Gebirgslandes:
3. Patras am gleichnamigen Golf, erster Haseuplatz Moreas mit be-
deutender Ausfuhr oon Korinthen, Wein und Öl.
4. Korinth am Golf von Korinth**), in der Umgegend starker Weinbau.
5. Nauplia an der Bncht von Nanplia, ausgezeichneter Hasen mit Aus-
fuhr vou Korinthen, Schwämmen und Tabak.
6. Athen, Hanpt- und Residenzstadt von Griechenland unweit des Golfs
von Ägina mit der Hafenstadt Piraens (im Golf die Inseln Salamis und
Ägina); erste Hafen-, Handels- und Industriestadt des griechischen Reiches
mit Baumwoll-, Seiden- und Lederfabriken, Papier- und Seifenindustrie. In
Stadt und Umgegend viele Ruinen aus dem Altertum (Akropolis, Theseion).
7. Larissa, Hauptstadt der fruchtbaren thessalischen Ebene von Salam-
bria, mit Baumwoll- und Seidenweberei, sowie Tabakfabrikation.
Hafenstädte im makedonisch-serbischen Hügellande:
8. Saloniki am gleichnamigen Meerbusen, zweiter Hafen des türkischen
Reichs, Handelsplatz für Landesprodnkte und Fabrikort für Webwaren und
Teppiche.
9. Nifch, Eisenbahnknoten mit bedeutendem Binnenhandel; in der Um-
gegend warme Quellen.
*) An der Spitze des türkischen Staates steht der Großsultan, zugleich das geistliche
Haupt aller Mohammedaner (Jmam). Die höchsten Würdenträger des Reiches sind der Groß-
vezier, der oberste Minister, und der Scheich-ül>Jslam (— Oberhaupt des Islam). Die 1876
erlassene Verfassung ist nicht in Kraft getreten.
**) Nördlich von Korinth durchschneidet der 1894 eröffnete Kanal von Korinth den
Isthmus. 6 km lang, 8 m tief und 25 m breit, hat er 48 Millionen Ji Baukosten er-
fordert. Er kürzt die im Winter oftmals gefährliche Fahrt um Morea um 90 Seemeilen
(160—170 km) ab. Die Durchschiffung der Kanalstraße erfordert nur 20—25 Minuten.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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— 196 —
lüften, sind reich an Buchten und Halbinseln; die ihnen zuströmenden Flüsse er-
reichen nicht einmal die Länge der Ems. Außer den Vulkanen zeugen auch
heiße Quellen und zahlreiche Erdbeben für die rege Thätigkeit der unterirdischen
Kräfte Japans.
Erwerbsquellen.
§ 157. Die Landwirtschaft wird als „Stütze des Landes" mit der-
selben Sorgsamkeit betrieben wie in Europa die Handelsgärtnerei; sie liefert
außer nnsern Getreidearten und Hülsenfrüchten Reis, Thee, Baumwolle und
Obst. Wichtig ist die Kultur des Talg- und Lackbaumes, zweier Rhusarten,
die das japanische Wachs und den Lack für die berühmten Lackarbeiten liefern.
Die Wälder erzeugen ausgezeichnete Hölzer und Kampfer. Weniger bedeutend
ist die Viehzucht, sehr wichtig dagegen die Kultur der Seidenraupe, der
Fisch- und Algenfang. Von Metallen kommen hauptsächlich Kupfer und
Antimon, Kohlen und Petroleum in Betracht. Ausgezeichnetes Kaolin liefert
das Material für die japanische Porzellan- und Steingutindustrie. Außer
dieser siud an einheimischen Industriezweigen vor allem zahlreiche Kunst-
gewerbe (Bronze-, Email-, Silber-, Lack-, Fächerindustrie), Seidenweberei und
Stickerei, Holz- und Papierwarenindustrie zu nennen. Auch Schiffbau und
Großindustrie uach europäischer Weise mit Maschinenbetrieb sind neuerdings
begonnen. Die Ausfuhr, besonders nach Nordamerika, Frankreich, China
und England gerichtet, umfaßt Rohseide und Seidenwaren, Thee und Reis,
Steinkohlen und Kupfer, getrocknete Fische und Algen (Agar-Agar, als Ge-
latineersatz verwendet), Kampfer, Wachs und Drogneu, Porzellan-, Lack-, Bronze-
waren, Fächer u. a. Die Einfuhr, an der vor allem Großbritannien, dann
aber auch Deutschland gut beteiligt ist, bringt Baumwollgewebe, Wolle und
Wollstoffe, Metalle, Maschinen und Schiffe, Petroleum, Zucker, Nahrungsmittel
und Getränke. — Schon jetzt übertrifft das japanische Eisenbahnnetz an Aus-
dehuung das einiger europäischer Mittelstaaten.
Verfassung, Wervobner und Städte.
§ 158. Japan ist ein konstitutionelles, nach preußischem Muster ein-
gerichtetes Kaiserreichs), dessen Herrscher den Titel Tenno (= Himmelskönig)
oder Mikado (— erhabenes Thor) führt. Die Bewohner sind den Chinesen
*) Seit 1868 ist Japan durch den jetzigen Kaiser und seine Berater allmählich euro-
päischen Zuständen zugeführt worden. Die Vorrechte des Schwertadels sind beseitigt, Heer
und Flotte, Verwaltung, Bergbau und Unterricht nach europäischem, vielfach nach deutschem
Muster eingerichtet, alle europäischen Verkehrsmittel eingeführt, der Gregorianische Kalender
und die Sonntagsheiligung eingesetzt, das Verbot des Christentums aufgehoben und endlich
1889 die Verfassung gegeben.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Ortsnamen: Japans Europa Nordamerika Frankreich China England Deutschland Japan Japan
— 306 —
Wenn die Herrschaft in einem Staate von einer größeren Anzahl Personen
oder von den Vertretern des gesamten Volkes ausgeübt wird, so nennt man
ihn eine Republik. Die Ausführung der Gesetze wird in der Republik einem
Einzelnen übertragen, der den Titel Präsident führt, gewählt wird und sein
Amt nach einigen Jahren niederlegen muß. In den meisten Staaten ist das
Verhältnis der Bürger zu einander durch Gesetze geregelt. Wenn sich der
Herrscher einer Monarchie an die von ihm erlassenen Gesetze bindet, so ist der
Staat eine absolute Monarchie; stellt er sich über die Gesetze und handelt
nur nach seiner Willkür, so ist der Staat eine despotische Monarchie. —
In manchen Staaten ist den Bürgern ein rechtlicher Einfluß auf die Regierung
und Gesetzgebung gewährt. Da die meisten Staaten jedoch viel zu groß sind,
als daß alle Erwachsenen ihre Meinung persönlich geltend machen könnten, so
üben die Bürger in ihnen ihr Stimmrecht durch gewählte Vertreter (Volks-
Vertreter, Abgeordnete) aus. Die Gesamtheit der Volksvertreter heißt Volks-
Vertretung. — Ein Staat, in dem die Befugnisse (Rechte und Pflichten) der
Obrigkeit, der Volksvertreter und der Unterthanen durch ein besonderes
Grundgesetz (Verfassung, Konstitution) geordnet sind, heißt ein kon-
stitntioneller Staat (konstitutionelle Monarchie und konstitutionelle Re-
publik). — Eine Vereinigung mehrerer Staaten zu eiuem größeren Ganzen
führt den Namen Staatenbund, weuu die Vereinigung eine lose ist und
die einzelnen Staaten fast ihre volle Selbständigkeit behalten haben, Bundes-
staat, wenn die Vereinigung fast unlöslich ist und die Eiuzelstaateu weseut-
liche Rechte aufgegeben haben, Realunion, wenn die Vereinigung unter
voller Wahrung der Einzelrechte zum Schutz ^der gemeinschaftlichen Interessen
unter einem Herrscher geschehen ist, und Personalunion, wenn die Ver-
einignng eine zufällige, nur durch die Person des Herrschers hergestellte ist.
Die Personalunion kann gelöst werden. Ein Staatenbund besteht unter den
gegenwärtigen Staatsgebilden nicht mehr. —
Die vorherrschende Regierungsform ist in Europa die konstitutionelle
Monarchie, in Asien die Despotie, in Afrika und Australien die Kolonial-
regiernng, in Amerika die Republik. — Europa, der Erdteil der Monarchien,
hat 24 souveräne (— von einander unabhängige) Staaten; von diesen sind
siebzehn konstitutionelle Erbmonarchien (2 Kaiserreiche, 11 Königreiche,
1 Großherzogtum und 3 Fürstentümer),
drei absolute Erbmonarchien (2 Kaiserreiche und 1 Fürstentum) und
vier Republiken.
Nenne diese Staaten! Welcher Unterschied besteht zwischen
konstitutionellen und absoluten Erbmonarchien? Welche Einzel-
staaten bilden Unionen in der Form a) eines Bundesstaates, b) einer
Personalunion, c) einer Realunion?
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Asien Afrika Australien Amerika Europa
302
Iii. Geschichtsbilder.
In München wurden die Thore ge-
schlossen, jedes Geschäft ruhte, jede Lust
verstummte. Es war, als wäre aus
jedenl Hause ein Vater gestorben. Doch
nicht in der Hauptstadt allein, im ganzen
Lande erscholl lautes Wehklagen. Noch
oft hörte man später im Munde des
Volkes die Worte: „Am Todestage
Max Josephs haben die Steine auf den
Gassen geweint!" —
Den Namen „der Gute" oder „der
Vielgeliebte" verdient er mit vollem Rechte.
Max Joseph Iii. war der letzte
Nachkomme Ludwigs des Bayers, und
nach seinem Tode ging die Regierung
Bayerns an die ältere, Nudolfische oder
pfälzische, Linie über, und Bayern und
Pfalz wurden unter Karl Theodor nach
mehr als fünsthalbhundertjähriger Tren-
nung wieder vereinigt. A
139. Die französische Revolution.
Kein Ereigniß der Neuzeit hat auf
die Umgestaltung des politischen und
socialen Lebens, vorab in Deutschland,
einen so tiefgreifenden Einfluß ausgeübt,
als die französische Revolution, weßhalb
man auch von ihr an einen neuen Zeit-
abschnitt in der Völkergeschichte datirt.
Durch die auf jenes erschütternde Er-
eigniß folgenden Kriege wurde Deutsch-
land auf's tiefste und nachhaltigste er-
schüttert; fast ein Vierteljahrhundert hin-
durch war es der Schauplatz blutiger
Kämpfe, nicht nur Fremder gegen Deutsche,
sondern leider, wie zu den Zeiten des
dreißigjährigen Krieges, Deutscher gegen
Deutsche. Unter diesen Kriegen ging
nicht nur der letzte Rest der alten Kaiser-
herrlichkeit zu Grunde, sondern vielfache
und umfassende Gebietsveränderungen
gaben unserem Vaterlande in raschem
Wechsel andere Gestalt und andere Ver-
fassung, brachten es endlich in drückende
Abhängigkeit von Frankreichs allgewal-
tigem Herrscher, aus welcher sich erst
das Volk in der glorreichen Erhebung
der Befreiungskriege losrang. Die neueste
deutsche Geschichte ist an die Geschichte
der französischen Revolution und deren
Folgen geknüpft, und wir sind daher
genöthigt, dieselbe als den Schlüssel der
kommenden Ereignisse in ihren Haupt-
momenten kennen zu lernen.
Auf Frankreich lastete in Folge der
vielen Kriege Ludwigs Xiv., der Ver-
schwendung am Hofe Ludwigs Xv. und
der Theilnahme Ludwigs Xvi. am nord-
amerikanischenfreiheitskampfe einefurcht-
bare Staatsschuld, die um so drückender
sein mußte, als der dritte Stand nahezu i
allein die Steuern zu tragen hatte, in- |
deß die sogenannten privilegirten Stände.
Adel und Clerus, obwohl im Besitz be-
deutenden Grundeigenthums und großer
Renten, nur äußerst mäßige Abgaben
leisteten. Das Uebel wurde noch ver-
schlimmert durch eine heillose Finanz-
verwaltung und besonders durch die un-
zweckmäßige Art der Steuererhebung. Es
bestand nämlich das Pachtsystem, durch
welches einzelne Pächter zum Nachtheil
des Staates und des Volkes sich un-
mäßig bereicherten. Zu den finanziellen
Mißständen trat noch ein tiefer sittlicher
und religiöser Verfall, welcher von dem
leichtfertigen Hofe Ludwigs Xv. ausge-
gangen, und, wie ein unheilbarer Krebs-
schaden um sich fressend, selbst bis in die
unteren Schichten des Volkes eingedrungen
war, so daß die verderblichen Lehren der
sogenannten Aufklärer, welche in glänzen-
der Sprache und mit eben so viel Scharf-
sinn als Witz die bestehenden Mißbräuche
tadelten, Zugleich aber auch jedweden
Glauben an göttliche und menschliche
Autorität untergruben, nur zu williges
Gehör bei der Masse fanden.
Auf dem französischen Throne saß
Ludwig Xvi., ein Mann von großer
Herzensgüte und reinen Sitten, aber
ohne Willenskraft; eben so schwankend
und zögernd in Entschlüssen, als schwach
in Ausführung etwaiger Vorsätze, ein
Herrscher, an dem sich furchtbar das
Schriftwort erfüllte, daß die Sünden der
Väter gerächt würden an den Söhnen
bis in's vierte und fünfte Glied. Der
wahrhaft edle und wohlmeinende König
mußte sehen, wie ein Pfeiler um den
anderen von der seitherigen Staatsord-
nung abgetragen wurde, bis das ganze
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
Extrahierte Personennamen: Max_Josephs Max Max_Joseph_Iii Max Ludwigs Karl_Theodor Karl Ludwigs_Xiv. Ludwigs_Xv. Ludwigs Ludwigs_Xv. Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Bayers Bayerns Nudolfische Deutschland Frankreichs Frankreich Hofe_Ludwigs Entschlüssen
320
Iii. Geschichtsbilder.
Hierauf wurden auch mit Baden,
Württemberg, Bayern und Hes-
sendarmstadt Friedensverträge abge-
schlossen, nach welchen diese Staaten
den Bestimmungen des Nikolsburger
Friedens bezüglich der Neugestaltung der
Verhältnisse in Deutschland anerkennen,
zugleich auch Schutz- und Trutzbündnisse
mit Preußen abschließen und darin sich
verpflichten mußten, für den Fall eines
Krieges ihre Truppen unter den Ober-
befehl des Königs von Preußen zu stellen.
Somit hat der deutsche Bund zu
bestehen aufgehört. Das ehemalige
deutsche Reich ist politisch in drei Grup-
pen gespalten: in den norddeutschen
147. Gott in
In der That, es entdeckt ein irgend
aufmerksamer Blick den Gott in der
Geschichte noch leichter und unverkenn-
barer, als in der Natur. Wenn aus
allem, was die Menschen wollen und
dem sie mit allen Mitteln, über die sie
gebieten, entgegenstreben, nichts wird;
was sie nicht wollen aber sich erfüllt,
und es nun hinterher sich klar darstellt, daß
das, was sie gewollt, unvernünftig ge-
wesen ; was aber geworden, sich als das
Rechte erwiesen: dann ist es der Gott
in der Geschichte gewesen, der dieses so
geleitet hat. Wenn es Mittwinternacht
ist auf Erden und alle Pulse der Ge-
schichte stocken, und alles Leben in ihr
versiegen will, und nun mit einem mal
ein Frühlingshauch sie überweht und
die verlechzten Brunnen plötzlich über-
fließen wollen und eine unbegreifliche
Macht die Geister bindet, und sie hin-
führt oder hinstürmt, wo sie nicht hin
wollen: dann ist es der Gott in der
Geschichte, der es durch sie wehen und
darauf grünen und blühen läßt. Wenn
die Menschen nach der Titanen Art, Trotz
auf Trotz, Masse auf Masse, Gewalt
auf Gewalt anwälzend sich ein Riesen-
bild gebaut, es anzubeten, und nun
ein Sonnenstäubchen unvermerkt heran-
Bund, in die südwestdeutsche Staaten-
grnppe und in die deutsch-österreichischen
Landestheile.
Bei solcher Lage der Dinge mag
uns, die wir nicht ohne bange Besorg-
niß in die Zukunft schauen, die Hoff-
nung trösten, daß Gott, der ja stets
das Schlimme zum Guten zu lenken
weiß, auch unserem großen gemeinsamen
Vaterlande noch jenen Tag wird erscheinen
lassen, da alle deutschen Stämme in ge-
genseitiger Achtung ihres eigenthüm-
lichen Wesens und ihrer, wie ihrer Herr-
scher Rechte sich einträchtig die Hand
zum friedlich geeinten Bunde reichen
werden!
der Geschichte.,
schwebt, und im Schweden langsam
wachsend, hineinwächst in die Sichtbar-
keit, und wachsend und immer wachsend
Masse gewinnt und zum Steine wird,
und der Stein zum Felsen, der, an die
thönernen Füße des Kolosses anprallend,
ihn in Staub zermalmt: dann ist es der
Gott der Geschichte gewesen, der kein
Wohlgefallen an dem Götzenbilde ge-
funden und der verschwindenden Größen
sich bedient, um die sich blähende Klein-
heit zu zerstieben. Vor allem, wenn er
als Richter herniederkommt, um mit
Langmuth getragenem Frevel ein Ziel
zu setzen; wenn das Schwert der Boten
seines Zorns Hunderttausende wegmäht
wie Gras auf dem Anger, daß sie, die
noch einen Augenblick zuvor auf ihre
Zahl und Macht und Unüberwindlich-
keit gepocht, jetzt an der Erde liegen
und zu Heu erdörren: dann entsteht
wohl eine augenblickliche Stille unter
den Völkern, und das sonstige Getöse
der Geschichte schweigt eine kleine Zeit;
denn jene höhere Geschichte, die Gott aus
der Stille seiner Unsichtbarkeit heraus-
wirkt ist, jetzt ganz nahe an die Horchen-
den herangetreten, und die Geisternähe
erfüllt sie mit Schrecken und unwillkür-
licher Ehrfurcht.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Ortsnamen: Württemberg Bayern Deutschland Schweden
186
n. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
wollen und Milde gegründet. Der Inca
und seine Stammesgenossen waren alles
in Peru; der einzelne Unterthan nichts.
Der Ursprung des Herrschergeschlechtes
wurde unmittelbar von der Sonne ab-
geleitet und es war zwischen ihm und
dem eingeb ornen Volke eine unausfüll-
bare Kluft. Der Inca mußte so noth-
wendigerweise als Repräsentant der
Gottheit erscheinen und zum socialistisch-
despotischen Prinzip der Regierung trat
deßhalb noch das theokratische hinzu,
so daß Socialismus, Despotie und Theo-
kratie zur innigen, unlösbaren Einheit
verschmolzen waren.
Der Einzelne hatte keinen Privat-
besitz, alle Ländereien waren Gemein-
gut, alle wurden gemeinschaftlich bear-
beitet; die Träume der Socialisten der
Neuzeit von der Gütergemeinschaft wa-
ren im Jncareiche Wirklichkeit. Das
Land wurde alljährlich neu vertheilt.
Einen Theil erhielt die Sonne, den an-
dern das Jncageschlecht, den dritten das
Volk. Jeder verheiratete Marin erhielt
ans den Ländereien des Volkes einen
ganzen Theil für sich, je einen für
einen Sohn und einen halben für eine
Tochter bis zu deren Verheirathnng.
Die Bestellung der Felder war nach
den klimatischen und Bodenverhältnissen
überall genau vorgeschrieben, wurde ge-
meinsam verrichtet und begann an be-
stimmten Tagen. Zuerst kamen stets
die Felder der Wittwen und Waisen
und Arbeitsunfähigen an die Reihe,
dann die der Einzelnen und zuletzt die
der Sonne und der Incas. Ein Statt-
halter, der einmal seine Felder zuerst
hatte bearbeiten lassen, wurde mitten in
denselben aufgehängt. Hatte eine Pro-
vinz durch Mißwachs gelitten, so erhielt
sie Saatkorn aus den Staatsmagazinen.
Die Bewässerung der Felder war eben-
falls gesetzlich geordnet; jedes Stück
Land erhielt zur bestimmten Zeit die
nöthige Wassermenge; wer sie nicht zur
angesagten Zeit benutzte, wurde bestraft.
Neu dem Reiche einverleibte Gebiete
wurden wie der alte Besitz vermessen,
eingetheilt, wenn nöthig terassirt, mit
Bewässerungsanlagen versehen und durch
Landstraßen mit der Hauptstadt Cuzco
verbunden.
Der Feldbau stand auf hoher Stufe;
das System der Bewässerung war eben
so vollkommen, als das der Düngung,
selbst Bereitung künstlichen Düngers,
Anwendung von Guano und Fischdün-
ger waren üblich. Die Ernten wurden
in ähnlicher Weise wie die Bestellung
der Felder vorgenommen. Was von
den nur zum geringsten Theil ver-
brauchten Ernten der Sonne — für
die Priesterschaft bestimmt — und der
Incas übrig blieb, wurde in die Staats-
magazine abgeliefert, um einem in irgend
einem Theile des Reiches entstandenen
Mangel augenblicklich abhelfen zu können.
Die von den Lama's und Guanaca's
gewonnene Wolle, sowie die geerntete
Baumwolle mußte ebenfalls an die Be-
hörden abgeliefert werden und kam dann
an die Einzelnen nach Provinzen zum
Spinnen, Weben und Verfertigen von
Kleidern zur Vertheilung, welch letztere
abermals der Regierung eingehändigt
werden mußten, auf daß diese die Ab-
gabe an die Einzelnen — je nach Feinheit
an die verschiedenen Stände und nach
Material an die klimatisch verschiedenen
Stände — vornehmen konnte.
Die Arbeit eines Jeden geschah für
die Gesammtheit. Ausgenommen waren
die Frauen, welche für ihre Männer
arbeiteten. Gänzlich befreit von der
Arbeit waren Männer unter 25 und
über 50 Jahren, Wittwen, Blinde, Ver-
wundete, Kranke, Krüppel.
Wie die Einnahme, so war auch die
Ausgabe jedes Einzelnen genau vorge-
schrieben. Alle Feste waren öffentlich
und gesetzlich geordnet. Niemand durfte
und konnte reisen außer im öffentlichen
Auftrag, und für die Reisenden waren
überall Stationshäuser errichtet, wo
sie unentgeltlich Nachtherberge und Un-
terhalt fanden.
Ueber alle Verhältnisse wurden mo-
natlich bis ins Einzelnste gehende Be-
richte nach Cuzco erstattet und auf
Grund derselben die Vertheilung der
Arbeit, der Ernten, Kleider und Werk-
zeuge, die Unterstützung der Wittwen
und Waisen, die Aushebung zum Kriegs-
dienst, ja selbst die Verheirathungen an-
geordnet. Kriege wurden viele geführt
und fast unter jedem Inca die Grenzen
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222
Hi. Geschichtsbilder.
See durch Ueberfälle die Küsten Galliens
und Deutschlands verheerten, mußte
sich Karl vertheidigen. Ihr König
Godfried erschien (808) mit einer Heeres-
macht sogar vor dem Königssitze Aachen.
In Eile sammelte Karl ein Heer; aber
ehe es noch zu der von Godfried ange-
drohten Feldschlacht kam, wendete des
letzteren Tod die Gefahr ab, und die
unter den Söhnen ausbrechenden Thron-
streitigkeiten verhinderten weitere Kriege.
Das Land zwischen Schlei und Eider
blieb den Franken und wurde später
zur Nord mark.
So hatte sich denn das Reich Karl
des Großen ausgedehnt von der Elbe
bis zu den Pyrenäen, von der Nord-
und Ostsee bis zum adriatischen Meere,
und Karls Scepter waltete über fast
ganz Frankreich, Deutschland :
und Italien. Deutsche, Slaven,
Avaren, Spanier, Araber, Langobarden,
Italiener waren ihm Unterthan, eine
„Herrschaft, wie sie seit dem Unter-
gänge des Römerreiches nicht war
gesehen" worden. Sein Ruhm aber
ging weit über die Grenzen seines
Reiches hinaus. Gothische, schottische,
irische Fürsten nannten sich seine Unter-
thanen; britische Fürsten kamen an
seinen Hof, der Patriarch von Jeru-
salem sandte ihm die Schlüssel zum
heiligen Grabe, zum Calvarienberge und
Zur Stadt sammt einer Fahne; der
mächtige Chalif Harun al Raschid be-
wunderte Karl und suchte dessen Freund-
schaft. Auch der Papst, dankbar für
Karls einstimmige Hülfeleistung, setzte
ihm die kaiserliche Krone auf und salbte
ihn zum römischen Kaiser und ernannte
dadurch ihn und seine Söhne zu
Schutzherren Roms. Dies geschah bei
der Scheide zweier Jahrhunderte, am
25. Dezember, am Weihnachtstage des
Jahres 800.
Von jetzt an arbeitete Karl haupt-
sächlich an der inneren Entwickelung
seines Reiches. So nahm er sich der
Kirche und des Staates gleichmäßig
und bis in's Einzelnste an. Aber ob-
wohl in Alles eingreifend, ließ er doch
Kirche und Völkern Freiheit und Selbst-
ständigkeit der Entwickelung. Er hatte
mit der Uebernahme der römischen !
Kaiserwürde nicht den germanischen
Sinn für Freiheit verloren.
Er gründete Kirchen und Klöster
und beschenkte sie reichlich. Eben so
sehr sorgte er aber auch für die Rechte
seiner weltlichen Unterthanen durch
weise Gesetze und Aufstellung tüchtiger
Beamten.
Die Bildung fand einen hervorra-
genden Beschützer an ihm; denn er
gründete Schulen, ließ eine deutsche
Sprachlehre schreiben und die alten
Heldenlieder sammeln, welche noch im
Munde des Volkes lebten.
Selbst in Bezug auf den Landbau
ward er durch Anordnungen für die
königlichen Güter das Vorbild eines
sorgsamen, weisen und gerechten Guts-
herrn. Er gab Verordnungen über
Ackerbau, Garten-, Weinbau, Hausein-
richtung, Jagd u. s. w.
Seinem Reiche suchte er von jetzt
an die Ruhe zu erhalten. Er ordnete
den Heerbann, schützte durch Aufstellung
von Markgrafen, denen er eine größere
Gewalt in die Hand gab, die Grenzen
seines Reiches und baute zur Wehr
gegen die Ueberfälle der Normanen
und Mauren Flotten und Festungen,
besichtigte sie selbst, legte Häfen an
und setzte Wachtposten hinein. So war
er fortwährend für sein Reich besorgt,
und es gibt kein Gebiet des Staats-
lebens, wo Karl nicht, an frühere Einrich-
tungen anknüpfend, rastlos die bessernde
Hand angelegt hätte, bald ergänzend,
bald ordnend, nie aufhebend oder zer-
störend. Nach allen Seiten hin hat er
so Samenkörner ausgestreut, von denen
zwar einzelne im Drange der Ver-
hältnisse erstickten, die Mehrzahl aber
doch Früchte trug. Aus allen seinen
Thaten, wie Gesetzen aber blickt stets
der Geist der Frömmigkeit, der Weis-
heit, des Rechtes und der Milde hin-
durch. Und wenn dennoch scheinbare
Härte aus diesem so harmonisch gestal-
teten Wesen hervorbrechen, so ist nicht
Willkür, sondern Ueberzeugung die
Quelle davon.
4. Nicht uninteressant dürfte es sein,
auch von der Person Karls des Großen
zu reden.
Er war eine gewaltige Erscheinung,
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Godfried Karl Karl Godfried Karl Karls Harun Karl Karl Karls Karl Karl Karl Karl Samenkörner Karls
Extrahierte Ortsnamen: Galliens Deutschlands Aachen Nord Ostsee Karls Frankreich Deutschland Italien Karls Roms
138. Karl Albrecht und Maximilian Iii. in Bayern.
301
Karl Albrecht kehrte wieder in seine
Hauptstadt zurück, aber nur, um dort
sein müdes Haupt zu Grabe zu legen.
Am 22. Januar 1745 endete das Leben
des schwergeprüften Fürsten.
2. Die Regierung Bayerns ging nun
an Karl Albrechts Sohn, den 18jähri-
gen Maximilian Joseph Hi. über.
Bald mußte auch dieser von den wie-
der siegreich gegen Bayern vordringen-
den Oesterreichern aus seiner Hauptstadt
sich flüchten. Er sah im Fortgang des
Krieges kein Heil für sein Volk und er
suchet diesem den Frieden, wenn auch
mit Opfern, zu erkaufen. Darum ent-
sagte er allen Ansprüchen auf Oester-
reich und versprach sogar, Maria
Theresiens Gemahl, Franz von Loth-
ringen-Toskana, seine Stimme bei der
Kaiserwahl zu geben, wogegen er Bayern
ungeschmälert zurück erhielt. Nach
Kräften war nun der edle Fürst bemüht,
die Wunden zu heilen, die der Krieg
seinem Lande geschlagen. Um dem
Volke die Lasten zu erleichtern, wurde
der Hofstaat und das Militär vermin-
dert und aller Prunk abgeschafft; Max
Joseph selbst lebte so einfach wie ein
Privatmann.
Eine Hauptsorge richtete der eben
so einsichtsvolle als wohlwollende Fürst
auf Hebung der Landwirthschaft und
der Gewerbe, des Handels und Ver-
kehrs, so wie auf Förderung der Wissen-
schaften und der Volksbildung, wie auf
Verbesserung der Gesetzgebung. In Be-
ziehung auf letztere beging man aller-
dings einen großen Mißgriff. Das
Strafgesetzbuch war mit drakonischer
Strenge geschrieben, und grausam waren
die Strafen, welche selbst für geringe
Verbrechen verhängt wurden; doch wäre
es sehr ungerecht, daraus einen Schluß
auf das Herz des Kurfürsten ziehen zu
wollen. Selbst eine durch und durch
rechtliche und makellose Natur, wollte
er auch sein Volk zu einem streng-sitt-
lichen herangebildet wissen, und man
mag es verzeihlich finden, wenn er bei
der damaligen Verwilderung des Volkes
mit seinen Räthen in den Irrthum fiel,
durch möglichst strenge Gesetze diesen
Zweck zu erreichen. Jedwede Härte war
seinem milden, wahrhaft väterlichen
Herzen fremd und seine Absichten waren
die reinsten und wohlwollendsten. Das
bewies er am unzweideutigsten zu den
Zeilen der Theuerung 1770 und 71.
Die Hofleute hatten ihm des Volkes
Noth verheimlicht. Eines Morgens aber,
als er aus der Messe ging, umringte
ihn ein Haufen bleicher, abgezehrter
Menschen. „Brod," riefen sie, „Brod,
Herr, wir müssen verhungern!" indem
sie ihre Hände bittend empor streckten.
Mit Entsetzen vernahm Max Joseph
die Schilderung der Hungersnoth. Er
gab den Bittenden all' das Geld, welches
er bei sich trug und versprach ihnen
fernere Hülfe. Und er löste sein Wort
ein. Nicht nur ließ er das Wild aus den
fürstlichen Jagden schießen und das Fleisch
um billiges Geld auspfünden, sondern
alle Kornspeicher wurden geöffnet, und aus
eignen Mitteln ließ der Kurfürst Getreide
aus Italien bringen, um den hungernden
Unterthanen Brod zu verschaffen.
Wie sehr dieser Fürst von seinem
Volke geliebt war, das gab sich in
rührendster Weise bei seiner Krankheit
und bei seinem Tode kund. Im De-
zember 1777 wurde er plötzlich von
den Kinderpocken befallen. Mit Schrecken
drang diese Nachricht in's Volk. In
Kirchen und Häusern wurden Gebete
für den geliebten Landesvater darge-
hracht; täglich kamen von auswärtigen
Städten Boten nach München, um sich
nach des Fürsten Befinden zu erkundi-
gen. In endlosen Jubel brach das
Volk aus, als Besserung im Zustande
des Kranken eintrat, und in Dankfesten
feierte man schon die Rettung des
theuern Lebens. Wie groß aber war
der Schmerz, als plötzlich die Schreckens-
kunde erscholl: „Vater Max ist todt!"
Unrichtige Behandlung des Kranken
hatte einen Rückfall zur Folge, der
nur zu bald einen tödtlichen Ausgang
nahm. Beim Herannahen des Todes
sprach Max: „Lebt wohl! — Leb' wohl
meine Liebe! (zu der weinenden Gattin),
— und ihr meine Landeskinder, mein
theures Bayerland, lebt wohl! Betet
für mich, auch ich werde für euch bei
Gott um Segen bitten." Dann schloß
er seine Augen zum letzten Schlafe am
30. Dezember 1777.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Albrecht Karl Albrecht Maximilian_Iii Maximilian Karl_Albrecht Karl Albrecht Karl_Albrechts Karl Albrechts Maximilian_Joseph_Hi Maximilian Maria
Theresiens Maria Franz_von_Loth-
ringen-Toskana Franz Max
Joseph Max Max_Joseph Max Max Max Max